Auf Kyoto habe ich mich immer besonders gefreut, da die
Stadt Unmengen an Kunst & Kultur aus ihrer 1000-jährigen Zeit als
Hauptstadt besitzt. Somit waren diese Woche Mittwoch und Donnerstag für eine
ausgiebige Kyotobesichtigung reversiert, die am ersten Tag allerdings etwas
anders lief als geplant...

Die Fahrt nach Kyoto ist von meinem Wohnort aus günstig,
unkompliziert und nicht weit, von daher verlief hierbei alles planmäßig. Als
mein Bruder & ich jedoch ankamen und das kleine, zentral gelegene Ikebana
(= Blumensteckkunst)-Museum besichtigen wollten, zeigten sich die ersten
Dis-Qualitäten unseres Reiseführers: Das Museum lag überhaupt nicht dort, wo es
eingezeichnet war (es war auch nicht umgezogen ö.Ä.), und ohne die engagierte
Hilfe einer Japanerin hätten wir es wahrscheinlich nie gefunden. Dann wollten
wir um 14 Uhr den Kaiserpalast besichtigen und rechtzeitig vorher dort sein, um
uns dafür anzumelden, doch die Führung war schon ausgebucht und wir mussten auf
den nächsten Tag um 10 Uhr ausweichen. Um anschließend zur Tempelanlage Daitoku-ji zu
kommen, fuhren wir ein Stück mit der U-Bahn und wollten dann eigentlich den Bus
nehmen, den wir aber nicht finden konnten, da die zahlreichen Bushaltestellen
auf keiner Karte eingezeichnet sind. Nach mindestens einer halben Stunde Fußweg kamen wir endlich an und waren vom ersten Tempel (Koto-in) gleich etwas enttäuscht, weil die
„vielen kunsthistorischen Schätze“, die im Reiseführer beworben wurden, dort
gar nicht ausgestellt sind, man aber trotzdem Eintritt zahlt. Also weiter zum Daiji-in-Tempel,
an dem es vegetarisches Mönchsessen gibt – allerdings deutlich teurer, als wir
erwartet hatten. Von daher probierten wir nur ein paar Snacks (die leider nur
mir geschmeckt haben; zum Glück waren wir vorher bei einer billigen Bäckerei,
sonst wäre für meinen Bruder das Mittagessen ganz ausgefallen) und beschlossen,
vor der Rückfahrt noch den nahe gelegenen „goldenen Tempel“ Kinkaku-ji anzusehen.

Wir konnten einen Bus finden, der dort hält, jedoch nicht direkt, sondern
erst durch halb Kyoto dorthin fuhr. Als wir um 16.40 Uhr am Ziel ankamen, fing
es natürlich an zu regnen, und wir bekamen gesagt, dass der Tempel um 17.20 Uhr
schließt. Wir wussten nicht, wie groß das Gelände ist und wie viel Zeit wir für
die Besichtigung einplanen sollten, wollten es nach unserer Odysee aber
riskieren. Trotz des leichten Regens, des Zeitlimits und der Tatsache, dass der Tempel nicht wirklich golden war hat es sich gelohnt, denn Garten
& Landschaft waren wirklich wunderschön und wir waren rechtzeitig
wieder draußen. Da uns langsam das Bargeld ausging, wollten wir vor der
Heimfahrt noch welches abheben, was aber bisher nur bei einer Bank funktioniert
hat – und die hatte schon zu. Glücklicherweise konnte uns ein hilfsbereiter
Japaner beschreiben, wo wir einen Geldautomaten der Bank finden, und nachdem
wir erst im falschen Gebäude waren (da sich tatsächlich zwei Gebäude mit der
Aufschrift „OPA“ und „OPAQUE“ gegenüberstehen) und den Schreck verdaut hatten, dass der
Automat gerade repariert wird und nicht benutzbar ist, war der
ATM irgendwann doch wieder einsatzbereit und wir kamen an etwas Geld. Nach all dem Stress
haben wir uns mit einem Riesenstück Schokobrownie-Torte belohnt, denn das
hatten wir wirklich verdient!


Der zweite Tag lief zum Glück deutlich besser, da ich mir
einige Tipps von meiner japanerfahrenen Mitbewohnerin, die ein Jahr in Kyoto
gelebt hatte, habe geben lassen. Der ehemalige Kaiserpalast war bei weitem
nicht so prunkvoll wie unsere europäischen Schlösser, aber wie immer in Japan
mit zauberhaften Gärten gesäumt, was ihn doch sehenswert macht. Danach ging es
(diesmal gleich mit dem richtigen Bus in der richtigen Richtung) zum
Kiyomizu-Tempel, der durch seine bewaldete Hanglage am Berg zu schweben scheint
und immer eine beliebte Touristenattraktion ist; vielleicht auch, weil man dort
so viele Japanerinnen (und solche, die sich dafür halten) im Kimono sehen kann?
Die Pagode, dir wir danach besichtigen wollten, hatte leider
geschlossen, aber im gleichen Viertel gab es noch sehr viele traditionelle
Holzhäuser, die einen Eindruck des früheren Kyotos vermittelten. In der Nähe befand sich auch eine weitere berühmte Tempelanlage, in deren Kennin-ji-Tempel ein Deckengemälde von zwei Drachen bestaunt werden konnte, das einfach atemberaubend war.
Da Kyoto mit ca. 2000 Tempeln und Schreinen noch Einiges zu
bieten hat, wird das sicher nicht mein letztes Abenteuer dort gewesen sein. Bisher
bin ich aber froh, dass ich nebenan in Osaka wohne, da ich hier mit dem
öffentlichen Nahverkehr deutlich besser zurechtkomme...
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