Dienstag, 23. Dezember 2014

Weihnachtsblingbling








Nach einer langen stressbedingten Schreibpause melde ich mich zurück mit Neuigkeiten und Bildern! Hier in Japan wird zwar Weihnachten nicht so gefeiert wie bei uns, aber es gibt überall groß angelegte Lichtinstallationen, geschmückte Christbäume (meist aber ein Gestell statt eines echten Baumes - man beachte v.a. den Kuscheltierchristbaum) und man bestellt einen reich verzierten, schweineteuren Weihnachtskuchen. Natürlich wollte ich mir das alles nicht entgehen lassen und war deshalb letztes Wochenende in Kobe, wo es die berühmtesten Beleuchtungen in Kansai gibt: Mehrere Straßenzüge sind prächtig mit Lichtern geschmückt, und am Ende ist eine ganze Kirche aus Licht aufgebaut! Allerdings waren so unendlich viele Leute da, dass es ein ausgeklügeltes, gut überwachtes System gibt, wie die Schlangen durch die extra dafür abgesperrten Straßen gelotst werden. Hat eine Weile gedauert, bis man am interessanten Teil ankam, war es aber wirklich wert – wie man hoffentlich auf den Bildern sieht.


Weiterhin war ich hier in Osaka in den „Namba Parks“, einer sehr schönen künstlichen Parkanlage auf (!) einem Einkaufszentrum, die ebenfalls mit unzähligen Lichterketten geschmückt ist. Es war vom Stil her deutlich anders als in Kobe, aber es hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Es gibt hier so viele verschiedene Orte mit Lichtinstallationen, dass ich sie gar nicht alle abklappern kann, aber vielleicht schaffe ich noch wenigstens die, die bis Januar weitergehen.
Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und hoffe ihr verzeiht mir, dass ich in diesem Jahr sehr kartenschreibfaul bin ^-^ Und ich möchte an dieser Stelle noch erwähnen, dass man wegen des Unfalls in Fukushima keine Schokolade mehr nach Deutschland verschicken darf - auch wenn mir der Zusammenhang nicht klar ist, da die meisten Milchprodukte meines Wissens aus Hokkaido kommen und der Kakao ja nicht das Problem sein kann... also bitte nicht traurig sein, wenn kein Fresspaket ankommt ;-)






Samstag, 13. Dezember 2014

Essen, essen, Sightseeing...




Letztes Wochenende hatte das OUSSEP-Programm (= Austauschstudenten machen Vorlesungen in Englisch) einen 2-tägigen Ausflug nach Hiroshima, und wir FrontierLab-Leute (= Laborprogramm) durften natürlich nicht teilnehmen – wie immer. Also haben wir uns zu fünft zusammengetan und einen „FrontierLab-Gegenausflug“ organisiert. Stadt ins 5 Busstunden entfernte Hiroshima sind wir fünf ca. 3 Stunden mit dem Zug nach Ise gefahren, wo der wichtigste und mit 6 Millionen Besuchern pro Jahr (= fast 16.500 Besucher pro Tag) meistbesuchte Schrein Japans steht. Im dortigen Hauptschrein wird die Sonnengöttin Amaterasu verehrt, die höchste Shinto-Gottheit; von ihr soll auch das japanische Kaiserhaus abstammen. Da die meisten Besucher in der Zeit um Neujahr zum Beten kommen, fanden wir die Gelegenheit vor dem großen Andrang günstig.

Das Gedränge war zwar trotzdem groß, aber nicht so schlimm wie erwartet. Insgesamt hatte ich mir den Schrein allerdings spektakulärer vorgestellt, doch es ist ein nahezu schmuckloser Bau aus hellem Holz, der ein bisschen an ein Wikingerhaus erinnert ^-^ Zur Verehrung der Göttin gehört, dass zweimal täglich geweihtes Essen zu ihrem Schrein transportiert wird, wo wir auch zufällig vorbeikamen und gleich zum Tragen miteingespannt wurden... War sehr lustig, aber der Holzbalken auf der Schulter war ganz schön hart & schwer. Dann gab es noch eine große Foto-Session – die Träger wollten sich unbedingt mit uns fotografieren lassen; vielleicht kommen nicht so viele Ausländer dorthin? 

Im Rest der Stadt gibt es nämlich nicht besonders viel zu sehen, und außer der Souvenirstraße, die zum äußeren Schrein führt, ist sie auch nicht sonderlich schön. Die Läden dort sind wie der Schrein aus sehr hellem, fast gelblichen Holz, was in Japan sehr ungewöhnlich ist, da man traditionell viel dunkles Holz benutzt. Das gab der Innenstadt eine irgendwie unwirkliche Atmosphäre, so als wären die Geschäfte gestern erst errichtet worden. Ich weiß allerdings nicht, ob das dunkle Holz vielleicht anfangs auch so hell war und im Laufe der Zeit durch die Witterung dunkel wird, oder ob es wirklich eine andere Art ist. Der Schrein und die Gebäude drumherum werden nämlich in einem bestimmten Turnus direkt nebenan neu aufgebaut und dann die alten abgerissen – auch das gehört zur Verehrung der Göttin. Der Hauptschrein wurde erst 2013 erneuert, weshalb er natürlich anders aussieht als die Tempel und Schreine, die man sonst so sieht.
Nach der Schreinbesichtigung sind wir noch eine Weile durch die im traditionellen Stil gehaltene Touristen-Einkaufsstraße geschlendert, wo wir zu Mittag schon die genial leckeren lokalen Ise-Udon gegessen hatten. Sie waren vom Restaurant selbst hergestellt und deshalb noch viel besser als sonst, und auch die dunkle (zum Glück einigermaßen vegetarische) Brühe, in der die Nudeln hier gekocht werden, war wirklich gut. An den Straßenständen und in den Souvenirläden konnte man eine Unmenge an Leckereien probieren, und jeder von uns hat sein Essenspektrum enorm erweitert :-) Da der Tag richtig kalt war und es langsam dunkel wurde, entschieden wir uns für einen Abstecher ins öffentliche Bad (unser Hostel hatte nur Toiletten), Abendessen und dann eine Runde Karaoke. Es war wirklich ein perfekter Abend!

Am nächsten Tag besichtigten wir noch den kleineren äußeren Schrein, der zu einer Dienergottheit von Amaterasu gehört, sowie ein unbekannteres Dorf am Meer, dessen Attraktion zwei aus dem Meer ragende, mit einem Seil verbundene Felsen darstellt. Gegenüber stand auch ein hübscher Schrein, aber wir wollten v.a. den Pazifik sehen. Zwei mutige Briten und ein Däne haben sich sogar ein Stück hineingewagt, doch bei 5°C hatte ich nicht wirklich Lust auf ein Fußbad... 

Zurück in Ise haben wir im selbsternannten „berühmtesten Restaurant Japans“ gespeist, das glücklicherweise auch zwei vegetarische Menüs bestehend aus vielen kleinen Gerichten hatte. Das Sushi war wirklich unglaublich gut, aber es gab auch Dinge, die mir nicht so geschmeckt haben, allen voran unglaublich glibberige Algen mit Inger und Zitrone in Essig... Es war alles in allem wirklich ein tolles Wochenende!





Montag, 1. Dezember 2014

Fantastisches Herbstlaub - Teil 2

Gleich am folgenden Tag (der Montag war Feiertag) ging es in die nächste Runde der Herbstlaubbesichtigung. Denn von einer Unigruppe für internationale Studenten gab es erst einen Ausflug ins Cup-Ramen-Museum und dann zum Wandern nach Minoh.

In Ikeda, wo Momofuku Ando die ersten Cup-Ramen (= Fertignudelsuppe im Becher) der Welt erfunden und damit sowohl den Grundstein für das Nissin-Nudelimperium gelegt als auch die moderne Esskultur der Japaner wie wahrscheinlich kein anderer geprägt hat, gibt es ein kostenloses kleines Museum über ihn und die Firma - leider alles auf Japanisch, aber visuell schön aufbereitet, sodass man auch einfach durchgehen und ein bisschen schauen kann, ohne dass einem langweilig wird. Besonders häufig fotografiert war der "Cup-Ramen-Tunnel", in dem jedes jemals auf dem Markt gewesene Produkt der Firma ausgestellt war, geordnet nach Jahreszahlen. 
Allerdings besteht die größte Attraktion des Museums darin, dass man sich für 300 Yen (momentan ca. 2€) die Zutaten für seine eigenen Cup-Ramen zusammenstellen und den Becher gestalten kann. Ich hab mich erstmal für das Motiv entschieden, das nicht mal ich mit meinen Vorschul-Malkünsten verkorksen kann, nämlich bunte Blümchen ^-^ Und dann gemerkt, dass in allen möglichen Varianten Schweinebrühe mit drin ist, wodurch ich die Suppe nicht essen kann. War eigentlich zu erwarten, da Ramen im Gegensatz zu Soba- und Udonsuppe fast immer aus Schwein gemacht wird, und so hab ich mir überlegt, Meeresfrüchte-Ramen für meinen Bruder zu machen. Ich hätte für ihn zwar ein anderes Bechermotiv ausgewählt, aber mit den Blümchen muss er jetzt wohl leben...

Danach ging es weiter nach Minoh, wo wir uns wie am Tag zuvor in Arashiyama durch Menschenmassen kämpfen mussten, die alle das ideale Herbstwochenende genießen wollten. Kann man ihnen nicht verübeln, denn auch ich fand Minoh durch seine vielen Ahornbäume, deren Blätter wirklich das strahlendste vorstellbare Rot annahmen, sogar noch schöner als Arashiyama und habe ca. 100 Bilder nur mit Bäumen drauf gemacht :-) Dadurch, dass die Strecke ca. 3 km lang war, hat sich die Menschenmenge wieder ein bisschen verlaufen, aber am berühmten Wasserfall am Ende des Weges herrschte natürlich wieder Fotogedränge. Ich war allerdings echt erstaunt, dass es vorne an der ca. 3-4 m hohen Aussichtsplattform über dem See gar keine Absperrung gab, sodass die vorderen durch Drängen von hinten einfach heruntergeschubst werden könnten. Schein aber doch nicht oft zu passieren, sonst gäbe es bestimmt eine.


Gegen Ende haben wir dann noch die ziemlich überteuerte, aber auch einmalige Spezialität von Minoh probiert: In süßem Teig frittierte Ahornblätter. War zwar geschmacklich ganz gut, aber nach zwei Stück war mir ein bisschen schlecht...









Fantastisches Herbstlaub - Teil 1




Sonntag vor einer Woche gab es einen Ausflug vom „Let’s talk in Japanese“-Programm meines Wohnheims nach Arashiyama (= „Sturmberg“) bei Kyoto. Diese Gegend ist für ihre wunderschöne Landschaft und die atemberaubenden Herbstfarben der Bäume bekannt – was ich nur bestätigen kann.
Obwohl wir eine große und wegen des hohen Ausländeranteils auch auffällige Gruppe waren, habe ich es natürlich geschafft, schon 5 Minuten nach Ankunft beim Fotografieren die anderen aus den Augen zu verlieren und sie erst nach einer halben Stunde wiedergefunden. War aber nicht so schlimm, da es zum Glück erst eine Mittagspause gab und wir uns dann gestärkt zum Bäume-Sightseeing aufgemacht haben – und mit uns gefühlt 80% der Einwohner in Kansai...
Die Hauptattraktionen in Arashiyama sind abgesehen von den Bäumen an sich eine lange Brücke mit schöner Aussicht, ein Tempelkomplex mit einem Drachengemälde (so ähnlich, wie ich es schon in einem anderem Tempel in Kyoto gesehen hatte) und einem herrlichen Garten sowie ein kleiner Bambuswald, der in etlichen Filmen zu sehen ist.

Allein um die Brücke zu überqueren mussten wir uns in eine geschätzt 1km lange Schlange einreihen, denn natürlich will jeder auf der Brücke stehen bleiben und Fotografieren. Auf der anderen Seite und außerhalb des Einkaufsbereichs hat sich die Menschenmenge aber zum Glück ein bisschen verlaufen. Der Tempelgarten waren aber wieder richtig voll, weil dessen See in den Herbstfarben einfach eine ideale Fotokulisse darstellt. Der Bambuswald war zwar auch beeindruckend, aber deutlich kleiner und weniger dicht als erwartet. Ich kannte ihn z.B. aus "House of the flying daggers" und hab mich immer gewundert, warum die meisten Bilder davon so ähnlich aussehen, doch das liegt daran, dass es durch die kurze Strecke und die Neigung im Gelände einfach nur eine Stelle gibt, an der sich gut fotografieren oder filmen lässt (wenn keine 1000 Leute im Weg stehen).

 Zum Schluss gab es noch einen steilen Abstieg hinunter zur Flusspromenade, der zusammen mit dem japanischen Shiba-Hund (siehe Foto), den wir alle ausgiebig knuddeln dürften, für die meisten von uns wohl den Höhepunkt der Exkursion darstellte :-)





In der Osakaer Puppenkiste



Am letzten Samstag war ich mit dem Literaturkurs der Uni im Bunraku, dem japanischen Puppenspiel, das in Osaka erfunden wurde. Ich wollte es schon immer einmal sehen, und da der Kurs vergünstigte Studentenplätze und noch ein paar freie Plätze hatte, habe ich mir die Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen. Vor allem auch schon deshalb, weil es für uns vorher eine Präsentation der Puppenspieler mit Erklärungen zu Bewegung und Bau der Puppe, aber auch Ausbildung etc. gab. Die Bunraku-Puppen sind nämlich komplett anders als unsere Handpuppen oder Marionetten: Sie sind ca. 1m groß, aufwändig gearbeitet und werden meist von drei Puppenspielern gelenkt, von denen der Jüngste und Rangniedrigste die Beine führt, der zweite den linken Arm und der Älteste/Ranghöchste den rechten Arm plus Kopf. Um von einem Rang in den nächsten zu kommen braucht es mindestens 15 Jahre Ausbildung! Bei gleichzeitig schlechter Bezahlung ist klar, dass der Beruf des Puppenspielers langsam ausstirbt...
Um den Rangunterschied zwischen den Puppenspielern zu verdeutlichen, ist nur der Älteste Spieler sichtbar, die anderen stehen meist geduckt, komplett schwarz gekleidet und tragen sogar eine Kappe, die nicht mal die Augen zeigt (die einzig mögliche Steigerung zur Burka ^-^ ), was ihr Erscheinen ganz schön seltsam macht. Weiterhin ist der Älteste durch extrem hohe Plateausandalen ofterhöht, aber das hat vor allem praktische Gründe für die Sichtbarkeit der Puppe auf der Bühne.

Leider war das Filmen und Fotografieren während der Vorstellung verboten, weshalb ich mich hier an Bildern aus dem Internet bedienen muss. Die Puppen und Kulissen waren sehr schön gestaltet, und es gibt zu jeder Szene einen anderen Rezitator (die Spieler selbst sprechen nicht) und einen Shamisen-Spieler (altes japanisches Seiteninstrument). Da die Rezitation der Geschichte mit einer sehr gewöhnungsbedürftigen Stimmlage und in historischem Japanisch aus der Edo-Zeit (ca. 1600-1868) durchgeführt wird, war ich froh, dass es einen englischsprachigen Audioguide dazu gab, der das Geschehen erklärt und kulturelle sowie gesellschaftliche Hintergrundinformationen geliefert hat. Für Westler ist nämlich auch der ideelle Hintergrund schwer verständlich. So musste z.B. eine geschiedene oder verwitwete Frau bei Neuheirat ihre Kinder aus der früheren Ehe komplett aufgeben, und in dem Stück gab es u.a. einen Monolog von einer Frau, die sich selbst für barbarisch & animalisch hielt, da sie ihrem Sohn aus erster Ehe half, anstatt ihn den Gesetzeshütern auszuliefern. Oder die betrogene Ehefrau, die der Geliebten ihres Mannes auf der Flucht Unterkunft gewährt, aber ihm nicht, und sich selbst die Schuld gibt, dass ihr Mann eine Kurtisane hat, weil sie nicht schön genug und zu langweilig sei...

Das Stück ging am Ende (= nach ca. 4 Stunden) doch noch gut aus, was relativ selten ist, denn normalerweise gibt es mindestens einen Ehren-, Liebessuizid oder beides. Es war insgesamt sehr interessant, aber ich glaube, ich schau mir erst noch ein paar andere traditionelle Theaterformen wie Nô oder Kabuki an...