Freitag, 31. Oktober 2014

Alk, Blut & Rüschen = Halloween






Ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass die Japaner ausgiebig Halloween feiern, aber schon seit Anfang Oktober sieht man überall kitschige Deko und bekommt viele Spezialitäten, Snacks und Süßigkeiten als Kürbisvariante (was ich kulinarisch natürlich sehr befürworte).

Deshalb und weil Studenten ja prinzipiell gerne feiern gab es im meinem Wohnheim gestern Abend eine große Halloweenparty. Ich hatte zwar nicht vor, mir extra ein Kostüm zu besorgen, aber da ich in Tokyo eine Art Fantasie-Schuluniform für Cosplayveranstaltungen gekauft hatte, habe ich sie angezogen. Es waren auch etliche Studenten von außerhalb da und es gab unzählige witzige Kostüme, von denen das beste auch prämiert wurde (ein alter, verrückter Wissenschaftler mit Stock und Schäuchen – was weniger am Kostüm als an den Schauspielkünsten des Trägers lag). Insgesamt war es ein schöner Abend, ich habe neue nette Leute kennen gelernt und viele Komplimente für mein schönes Kostüm bekommen :-)
Da alle Aktivitäten – v.a. mit Auswärtigen – in unserem Wohnheim um 22 Uhr enden müssen, sind die meisten nach Shinsaibashi ins Zentrum von Osaka zum Feiern weitergezogen, und ich habe entschieden, noch ein bisschen Schlaf nachzuholen, der mir in dieser Woche wegen langen Labortagen und Bergen an Hausaufgaben gefehlt hat. Da die Züge in Osaka nur bis 24 Uhr fahren, kann man vor dem nächsten Morgen um ca. 5 Uhr nicht mehr nach Hause, und das wäre mir gestern deutlich zu anstrengend gewesen.
Jetzt lass ich aber die Bilder sprechen...


"Bitte einmal schön gruselig!"
Ich mit der männlichen Myrte ;-)


"Regina Welcome Hiking"




Am Donnerstag fand die erste Unternehmung mit meinem Labor statt, das „Autumn Hiking“, das dieses Jahr in „Regina Welcome Hiking“ umbenannt wurde :-) Allerdings war es eher ein Fahrrad- als ein Wanderausflug: Wir haben bei perfektem, fast schon zu heißem Wetter eine Tour in Asuka, in der Nähe der alten Hauptstadt Nara, mit Leihfahrrädern gemacht – die gab es in Kombination mit Zugtagesticket für die Region, wodurch es relativ günstig war. Es gibt auf der Route viele kleinere (meiner Meinung nach relativ unspektakuläre) Sehenswürdigkeiten, aber ich war bis dahin in Japan noch nicht auf dem Land, daher habe ich die dörfliche Atmosphäre sehr genossen. Was mich besonders gefreut hat ist, dass Nara eines der Hauptanbaugebiete für Kakis in Japan ist, sodass ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Früchte tragenden Kakibaum gesehen habe. Und als Souvenier hab ich mir leckere Kaki-Kekse und Kaki-Marmelade natürlich nicht entgehen lassen ^-^

Zum Mittagessen sind wir in einem kleinen Restaurant eingekehrt, das unser Chef vorher reserviert und die Angestellten beauftragt hatte, für mich ein fleisch-, fisch- und sogar fischbrüheloses Gericht zu gestalten – was viele Japaner vor eine große Herausforderung stellt.  Auf dem Foto kann man aber sehen, dass sie es ganz gut hinbekommen haben :-) Mir hat fast alles geschmeckt, nur die weiße Soße (?) in der kleinen Schüssel rechts, die angeblich aus Kartoffeln gemacht wurde, hat mich geschmacklich eher an rohes Eiweiß erinnert, daher habe ich sie stehen lassen. Erstaunlicherweise war das Essen kalt, aber das ist meines Wissens in Japan an heißen Tagen üblich (ich hatte in Tokyo auch schon kalte Nudelsuppe). Richtig begeistert hat mich die braune Soße für die Tempura (= frittiertes Gemüse), doch ich habe leider vergessen zu fragen, wie sie heißt.
Nach dem Ausflug war ich noch mit einem Mädel aus meinem Labor in Abenobashi ein bisschen einkaufen, denn wir wollten beide noch nicht heim. Da ich neulich im Labor meinen Ring verloren habe, haben wir zusammen nach einem neuen gesucht und dabei ein super Sonderangebot gefunden: 3 versilberte Ringe, die einzeln je ca. 2000\ (ca. 15€) kosten, für insgesamt 1500\ (ca. 11€)! Da konnten wir natürlich nicht nein sagen, und so habe ich mir zwei (zur Sicherheit ^-^) und sie sich einen Ring ausgesucht. So sieht ein gelungener Tag aus! 





Donnerstag, 30. Oktober 2014

Ein fast perfektes Wochenende in... Tokyo



Am Wochenende war ich mit einer Mitbewohnerin zum DAAD-Treffen von Freitag bis Sonntag in Tokyo. Wir sind mit dem Nozomi-Shinkansen, dem schnellsten Zug Japans, die Strecke von über 500 km in 2,5 h gefahren – also durchschnittlich mit 200 km/h. Auf dem Treffen am Freitag habe ich viele nette Leute kennengelernt, und witzigerweise über eine andere Stipendiatin einen Bekannten aus meinem Japanisch-Konversationskurs vom letzten Semester getroffen, der gerade in Tokyo studiert.

Am Samstag war ich erst allein in den Gärten des kaiserlichen Palastes, dann mit zwei Mädels, die auch in Osaka studieren, zum Shoppen in Ikebukuro, dem Manga-Viertel für Mädchen (das Viertel für die Jungs ist in Akihabara). Als wir gerade an einer belebten Kreuzung Fotos gemacht haben und weiter zu einem Laden wollten, berührt mich plötzlich jemand von hinten – und da steht eine weitere Teilnehmerin aus dem Konversations- kurs, die momentan in Tokyo studiert! Sie saß gerade mit ihrem Freund in einem Cafè an einem Fensterplatz und hat mich an der Kreuzung vorbeilaufen sehen, weshalb sie rausgerannt ist, um mich zu begrüßen. Und dieser Zufall bei über 9 Millionen Einwohnern allein im engeren Stadtgebiet! Wir haben uns wahnsinnig gefreut, gleich Emailadressen ausgetauscht und wollen uns wieder treffen, wenn sie nach Osaka kommt.

Nach all dem Shopping haben wir uns ein berühmtes japanisches Crêpe gegönnt: Hier werden sie nicht gefaltet, sondern zu einem Kegel gerollt, wodurch auch Füllungen wir Kuchen oder Eis (oder beides) hineinpassen. Es war natürlich superlecker, aber ich will die Kalorien nicht wissen... 

 




Von Samstag auf Sonntag habe ich zum ersten Mal auf traditionellen Tatami-Matten (= aus Reisstroh) und auf einem Futon übernachtet. Dafür, dass er im Vergleich zu einer westlichen Matratze relativ dünn war, habe ich sehr gut geschlafen. Auch die Winzigkeit des Zimmers (zu zweit!) hat eigentlich nicht gestört, es war ja nur für eine Nacht. Aber als meine Mitbewohnerin ihrem Freund ein Bild davon geschickt hat, war seine Antwort nur: „Seid ihr im Gefängnis?“ ^-^ Das hat bestimmt kein ebenfalls traditionelles japanisches Bad, in das man vor dem Schlafengehen zur Entspannung steigt. Allerdings nur gründlich gewaschen, denn es ist ein Gemeinschaftsbad, das nackt genutzt wird – natürlich geschlechtergetrennt.
Am Sonntag waren wir im Edo-Tokyo-Museum, in dem die Geschichte der Stadt und das Leben ihrer Bewohner ab dem Aufschwung im japanischen Mittelalter mit verschiedensten Exponaten und Rekonstruktionen anschaulich dargestellt wird. Es war zwar imposant und ich mag Museen sehr gerne, aber meine Aufnahmefähigkeit war an diesem Tag schon früh ausgereizt, weshalb wir uns nochmal dem Konsum hingaben; diesmal in Akihabara. Dabei habe ich zufällig gleich mehrere rare KitKat-Sorten entdeckt, wonach ich schon die ganze Zeit gesucht habe, denn Japan hat die größte Sortenvielfalt weltweit, und man kann es schon fast als „Sport“ sehen, an die regional und saisonal stark begrenzten Varianten zu kommen.
Als wir am Abend wieder in Osaka ankamen, wurden wir mit einer kleinen „Crêpe-Orgie“ begrüßt, die zwei unserer französischen Mitbewohnerinnen zur Freude aller organisiert hatten. So ist ein wirklich herrliches Wochenende ausgeklungen, das nur leider einen großen Berg Hausaufgaben für diese Woche angehäuft hat...

Sakai Matsuri: bunt und lecker



Nach ganzen zwei Wochen stressbedingter Schreibepause melde ich mich ein bisschen erholt wieder. Wovon ich schon die ganze Zeit berichten wollte, ist das „Sakai Matsuri“, das Straßenfest einer kleinen Stadt (oder eines Stadtteils?) ganz im Süden Osakas. Es war für mich das erste Mal, in Japan so einen Festumzug selbst zu sehen, und es war ziemlich genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte: Leute in historischer Verkleidung, z.B. Samurai oder Hofdame, traditionelle Tänze, Musik-, Sport- und Tanzdarbietungen, ...  

 







 










Da kaum Ausländer anwesend waren, war ich mit meiner Mitbewohnerin und deren Freunden auch eine kleine Attaktion dort, und die Teilnehmer haben uns immer zugewunken und posiert, wenn wir fotografieren wollten. Ein bisschen überrascht war ich, dass es so viele Vorführungen von Twirling- (ein bisschen wie Mischung aus Cheerleading & rhythmischer Sportgymnastik, bei dem ein Stab geworfen und wieder gefangen wird) und Einradgruppen gab, aber das hat den Umzug besonders unterhaltsam gemacht. Das Highlight waren natürlich die großen Festsänften, die von den Männern getragen wurden, während die Frauen Luft zufächelten. Vorbildliche Arbeitsteilung ^-^





Danach waren wir noch in der „Fressmeile“ der Festes, wo ich außer verschiedenen süßen Leckereien sogar ein herzhaftes vegetarisches Essen (ähnlich wie ein kleines Okonomiyaki) gefunden habe, was nicht immer einfach ist. Es gab neben den typischen japanischen Snacks auch ausländisches Essen, sogar einen „deutschen“ Stand – wobei es sich eher um eine Adaption von Wurst mit Kartoffeln handelte, aber ist ja schonmal was nicht-japanisches. Auf einer kleinen Bühne gab es auch Aufführungen verschiedener Gruppen, darunter mehrere ziemlich gute Bauchtanzgruppen, was mich natürlich besonders gefreut hat :-)

Zum Schluss wollte ich noch etwas Unbekanntes ausprobieren und habe mich für ein quietschbuntes „Esspapiersandwich“ entschieden: Man zahlt 100\, zieht ein Holzstäbchen, und je nachdem, welche Farbe sein Ende anzeigt, bekommt man eine andere Zahl an runden Esspapierscheiben mit einem für mich unidentifizierbaren süßen Kleister zusammengesetzt. Ich hatte leider nur 6 (die niedrigste Zahl, es ging bis 20), aber es war ja billig und hat erstaunlich gut geschmeckt 
(= pappsüß).


Montag, 13. Oktober 2014

Taifun, was nun?

Schon zwei Wochenenden hintereinander haben wir in Osaka einen Taifun: Der Himmel und die Stadt sind von einer undurchdringlichen Wolkenmauer verdeckt, es stürmt und regnet den ganzen Tag - deswegen habe ich heute wortwörtlich "sturmfrei", und evtl. fällt auch morgen der Unterricht aus, denn man kann währenddessen nicht gefahrenfrei rausgehen (zumindest aus Sicht der Japaner). Der Wind ist zwar deutlich heftiger als ich es aus Deutschland gewohnt bin, doch so schlimm, wie ich ihn mir durch die ganzen Unwetterwarnungen erwartet habe, ist er bei Weitem nicht. Aber er scheint gerne mit Fahrrädern "Domino Day" zu spielen ;-)
Ich habe noch gar nicht erzählt, dass ich mir ein Fahrrad gekauft habe, um mir ein bisschen mehr Bewegung zu verschaffen und nicht mehr so viel für den teuren Nahverkehr zu zahlen (es gibt nämlich keine Studentenermäßigung). Es ist gebraucht, mit schwarzem Rahmen, Marke Omafahrrad, für umgerechnet ca. 60€. Und einen Helm dazu, womit ich noch unjapanischer aussehe als ich das eh schon tue, denn ich habe seit meiner Ankunft noch keinen einzigen (!) Japaner gesehen, der beim Fahrradfahren einen Helm trägt. Und das, obwohl es hier sehr hügelig ist und die Leute dementsprechend rasant den Berg hinunterfahren. Bei der Geschwindigkeit will man eigentlich keinen direkten Kontakt zwischen Kopf und Asphalt...

Letzten Mittwoch hatte wir die "Let's-Speak-Japanese-Welcome-Party". Ich bin davon ausgegangen, dass es darum geht, dass sich ausländische und japanische Studenten zusammensetzen und zur Übung ein bisschen plaudern. Und habe mir die Party auch als Party im studentischen Sinne vorgestellt. Allerdings ist das Komitee eher ein Renter- und Hausfrauenverein. Es gab daher ein gemeinsames Essen und sich Vorstellen statt einer wilden Party. Die Leute waren aber echt nett, einige sprechen sogar Englisch. Da in Japan natürlich niemand mit Vegetariern rechnet, war die Speisenauswahl für mich und meine Gesinnungsgenossen stark eingeschränkt, aber eine engagierte Japanerin hat uns extra einen Riesenberg fleisch- und fischloses Yakisoba (= gebratene Nudeln) gemacht, dessen Rest wir sogar mit nach Hause nehmen durften. Ich habe an der Portion 3 Tage lang gegessen...
Da ich in letzter Zeit gar nicht mehr in der Stadt unterwegs bin und deshalb keine neuen Bilder gemacht habe, heute nur ein "älteres" Exemplar aus Kyoto, als ich mit meinem Bruder auf einer Tempelanlage vegetarisches Mönchsessen probiert habe.
 


Mittwoch, 8. Oktober 2014

Interkulturelle Kommunikation im Alltag

Schon seit eineinhalb Wochen arbeite ich jetzt im Labor - oder besser gesagt: Ich schaue meistens zu, wie andere etwas machen, und darf ab und zu ein bisschen pipettieren. Einen Teil des Arbeitstages verbringe ich oft auch mit dem Lesen wissenschaftlicher Artikel. Das klingt jetzt wahrscheinlich nicht besonders stressig oder anstrengend, aber Danebenstehen macht einfach nicht so viel Spaß wie ein Experiment selbst durchzuführen, und da ich trotzdem täglich erst abends heimkomme und noch Japanisch lernen muss, habe ich deutlich weniger Freizeit als erwartet. Als mir dann letzten Freitagabend eröffnet wurde, dass man sich jeden Samstagmorgen um 9 Uhr zum gemeinsamen Laborputz (+ Arbeit mit open end) trifft, hatte meine Stimmung ihr eindeutiges Wochentief erreicht. Das Putzen am Samstag ging aber doch schneller als gedacht, und nachdem ich noch ca. 1.5 h bei einem Versuch assistiert habe, konnte ich auch wieder gehen. Meine Kollegen sind wirklich nett und haben glücklicherweise für meine Situation als Austauschstudentin auch Verständnis, von daher fühle ich mich sehr wohl - was eigentlich das Wichtigste bei der Arbeit ist.
Zur Erklärung, warum ich momentan noch gar nicht wirklich "arbeite": Ich soll selbst eine Idee für ein Forschungsprofekt finden, das ich während meines Jahres in Osaka durchführen werde, und dafür brauche ich eine Menge Hintergrundinformationen und den aktuellen Stand der Forschung, weshalb ich den halben Tag mit Lesen verbringe. Sobald ich etwas Passendes gefunden habe, wird sich meine Arbeitssituation ändern - und sicherlich noch stressiger werden...

Exkurs: Blick aus meinem Fenster aus dem 5. Stock (da keine Laborbilder verfügbar)

Am Samstag hatte eine chinesische Mitbewohnerin, mit der ich mich sehr gut verstehe, Geburtstag. Als ich gefragt habe, was sie denn für Pläne hat und ob sie feiert, meinte sie nur: "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man Geburtstag feiert - in China gibt es das nicht..." Also haben wir ihr einen kleinen Geburtstagskuchen mit Kerze zum Auspusten besorgt (leider nicht selbst gebacken, da wir keinen richtigen Ofen, sondern nur einen Fischgrill in der Küche haben), ein paar schöne Kleinigkeiten geschenkt und sind am Abend in ein Omuraisu-Restaurant gegangen, wo es sehr lecker geschmeckt hat. Omuraisu ist ein eigentlich westliches, aber mittlerweile japanisiertes Gericht aus mit Reis gefülltem Omelett und Soße in verschiedensten Varianten - und es gibt zum Glück sogar einige vegetarische! Ihr hat die Geburtstagsfeier gut gefallen und wir werden auf jeden Fall wieder in das Omuraisu-Restaurant gehen.
Da ich beim Essen keine Kamera dabeihatte, hier ein Bild von uns beiden aus einem anderen Kontext: Sie benutzt sehr gerne japanische Gesichtsmasken, die aus einem (sehr!) feuchten, auf das Gesicht zugeschnittenen Tuch bestehen. Wir haben sehr gelacht, als wir sie das erste Mal so gesehen haben, weil man mit der Maske aussieht wie eine Mumie. In der Drogerie hat sich mich allerdings überzeugt, auch mal eine auszuprobieren, und wir haben beschlossen, zusammen die anderen als Mumienpärchen zu "erschrecken", was natürlich den gegenteiligen Effekt hatte. Dafür haben sie ein schön gruseliges Foto von uns geschossen, und wir haben schon eine Verkleidungsidee für die Halloweenparty im Wohnheim ;-)