Mittwoch, 29. April 2015

Es fährt ein Zug nach Nirgendwo - und nach Kumamoto


Da thront die Burg
Der rauchende Aso

 Nach zwei Übernachtungen in Kannawa ging es weiter Richtung Westen zum Vulkan Aso. Mit einem abenteuerlichen kleinen Zug, der von außen wie eine parodierende, veraltete Miniaturkopie des Orientexpress wirkte, reisten wir bis „in the middle of nowhere“ von Aso, einem ebenfalls schon etwas heruntergekommenen Dorf mit dem gleichen Namen wie der Vulkan. Mit dem Touristenbus ging es hoch auf eine Vorstation des Vulkankrates, der an unserem Besuchstag leider – wie so oft – vor sich hinqualmte und uns wegen Giftgasgefahr an dem Aufstieg zu Fuß und per Seilbahn bis zum Krater hinderte. Daher wanderten wir nur ein wenig in der zu dieser Jahreszeit leider noch dürren Wiesenlandschaft des Plateaus, bemittleideten die armen Pferde, die jeden Tag hoch- und runtergekarrt werden und den ganzen Tag angebunden herumstehen, wenn sie nicht gerade beladen mit einem Touristen im Kreis geführt werden (ich werde an anderer Stelle noch detailierter auf Tierhaltungskonzepte in Japan eingehen). 

Kunstschätze der Burg
Nach der Übernachtung in einer Jugendherberge mit traditionellem Tatami-Matten-Zimmer fuhren wir (leider diesmal mit einem weniger coolem Zug) weiter nach Kumamoto, das eigentlich nur als Zwischenstopp auf dem Weg nach Fukuoka geplant war, sich aber in vielerlei Hinsicht als eines der Kyushu-Highlights entpuppte. DER Touristen- magnet in Kumamoto ist ein wirklich wundervolles Schloss umgeben von Kirsch- und Kamelienbäumen, das auch im Inneren ziemlich interessant ist und originalgetreu restauriert wurde, was den Eindruck der Echtheit erweckt. Einige Gebäude strahlen dagegen wie neu, um die Kunstschätze (u.a. tolle Gemälde mit Unmengen an Blattgold) der Edo-Zeit zu zeigen. Weiterhin gab es eine hübsche Villa des Hosokawa-Clans direkt unterhalb der Burg, und wir konnten im Garten des Schlosses zum ersten Mal in Japan die berühmte Kirschblüte sehen – weshalb auch riesige Rentnergruppen zum Picknicken angereist waren. Es gab in der Nähe auch ein kleines Fest mit kulinarischem Markt, wo wir sogar einen Kushikatsu(= frittierte Spieße)-Stand aus Osaka gefunden haben und je einen leckeren Spieß gratis bekamen! In Kumamoto ist übrigens rohes Pferdefleisch die lokale Delikatesse, was auch die Pferde auf dem Aso erklärt... (in Japan gibt es ansonsten fast keine Pferde)

In der Hosokawa-Villa
In einem kleinen Museum für Moderne Kunst aus der Region bekamen wir von einer Künstlerin noch je ein Bild mit sehr schönem Motiv und einem Haiku (einer speziell japanischen Gedichtform) geschenkt, das jetzt mein Zimmer in Osaka schmückt.
Generell hat uns Kumamoto sehr gefallen, da die Stadt wirklich schön hergerichtet ist und die Attraktionen gut erreichbar und in Szene gesetzt sind. Auch in punkto Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants hat uns die Stadt positiv überrascht, da wir sie eher für ein Provinzkaff mit Schloss gehalten haben. Alles in allem ein sehr gutes Reiseziel für einen Aufenthalt in Kyushu und wirklich zu empfehlen. 
Kirschblütenallee

Hölle, Hölle, Hölle in Kannawa

Unser traditionell japanisches Zimmer
Die erste Station auf unserer Reise war Kannawa, ein kleines Dorf in Nordkyushu nahe der berühmten Onsenstadt Beppu (Onsen sind heiße Quellen, falls ich das noch nicht erwähnt habe). Hier gibt es so viele heiße Quellen, dass es überall aus dem Boden herausdampft! Wir hatten ein großes, traditionell japanisches Zimmer mit Tatami-Matten gemietet, in einem alten Haus unweit der „Höllen“, für die wir gekommen waren. Dort gibt es nämlich besondere heiße Quellen, die nicht zum Baden, sondern zum Besichtigen gedacht sind und jeweils eine andere Attraktion beherbergen und wegen des hohen Schwefelgehalts, der Dämpfe und der heißen Temperaturen „Höllen“ genannt werden. Wie bei Dante Alighieri gibt es nämlich auch im Buddhismus verschiedene Höllenvorstellungen, die man zumindest teilweise versucht hat, als Touristenattraktion umzusetzen. Von Piranhas über Krokodilhaltung und einer kitschigen Dämonenstatue war alles dabei...

Die Höllen haben uns richtig gut gefallen, besonders die Meereshölle (Umi Jigoku) mit ihrem türkisblauen Wasser, den sie umgebenden Palmen und den roten Torii (Shinto-Tore). Weiterhin berühmt sind die Mönchskopf-Hölle (Oni-bouzu Jigoku), die aus blubberndem, heißem Schlamm besteht und an den kahlrasiertden Kopf eines Mönchs erinnern soll, die Tatsumaki Jigoku, wo ein Geysir alle 45 min ausbricht, oder die Chi-no-ike Jigoku (Blutteichhölle), die wegen ihres hohen Eisenoxidgehalts blutrot erscheint. An einigen Stellen konnte man z.B. die Füße „dämpfen“ lassen oder in ein Fußbad hängen, aber was für die Japaner angenehm warm ist, war für uns schon nach ca. 10 Sekunden deutlich über der Schmerzgrenze...
Ein besonderes Highlight war auch das Kochen über Onsen-Dampf (Jigoku Mushi Koubou), bei dem man im Supermarkt gekaufte oder bereitgestellte Lebensmittel im Dampf der heißen Quellen (eingefasst wie ein Brunnen) unter Anleitung garen konnte. 

Die Meereshölle
So viel zu unserem schönen, kleinen Kannawa. Eigentlich hatte ich mir Beppu, das als Erholungsort nicht nur japanweit Berühmtheit erlangt hat, genauso vorgestellt wie wir Kannawa vorgefunden haben, aber es war eine graue, hässliche, heruntergekommene Stadt, die scheinbar zu 50% aus Pachinko-Hallen (= Glücksspiel) besteht. Es gab zwar auch traditionelle Onsenbäder, die die Stadt berühmt gemacht haben, aber deutlich weniger und die meisten, die wir gesehen haben, deutlich weniger traditionell und hübsch hergerichtet als erwartet. Wer also einen Abstecher zum Baden in dieser Gegend plant, dem kann ich nur empfehlen, direkt in Kannawa und nicht in Beppu zu übernachten.


Der Tatsumaki-Geysir