Mittwoch, 11. Februar 2015

Schokoladenlust und -frust


Es fing alles ganz harmlos an...


Das Restaurant
Am kommenden Samstag steht der Valentinstag vor der Tür, aus dem ich mir in Deutschland zwar normalerweise nicht viel mache, der hier in Japan aber ein besonderer Tag ist: Am 14. Februar beschenken hier die Frauen die Männer (Freunde, Arbeitskollegen etc.) mit gekaufter – oder für den Freund bzw. Schwarm noch besser: selbstgemachter – Schokolade. Um sich zu revanchieren, schenken die Männer am 14. März Schokolade zurück. Da mein Labor voller zu beschenkder Männer ist, war ich am Sonntag mit den beiden anderen Mädels aus dem Labor, einer Japanerin und einer erst kürzlich angekommenen Belgierin, zum Schokoladekaufen in Umeda. Damit wir uns nicht selbst auf die Leckerein stürzen, sind wir vorher zum berühm-berüchtigten Süßigkeiten-All-you-can-eat namens „Sweets Paradise“ gegangen – schwerer Fehler. Glücklicherweise gab es zwar auch herzhaftes Essen, darunter eine sehr leckere Sorte vegetarische Pasta und zwei vegetarische Currys (wahrscheinlich nur vegetarisch, weil es ohne Fleisch billiger ist, aber soll mir Recht sein), aber das Augenmerk liegt eben auf Kuchen (ich schätze 30 verschiedene Sorten), Desserts und Eis. Innerhalb von 70 min kann man wirklich essen, bis man platzt, und ich bin sehr froh, dass wir die etwas günstigere Variante ohne Häagen Dazs Eis gewählt hatten, denn wir waren auch ohne schon nah dran... Das Bild sieht zwar relativ harmlos aus, und ich möchte nicht in die Details gehen, kann aber sagen, ich hatte das Fresskoma meines Lebens. Das Problem an All-you-can-eat, v.a. am zeitlich beschränkten, ist leider, dass das Sättigungsgefühl immer erst nach 20-30 min einsetzt – und in der Zeit hat man meist schon mehr gegessen, als nötig und sinnvoll gewesen wäre. 

Schokoshoppen
Ich habe an dem Tag auf jeden Fall ca. 5 Stunden lang gelitten, und in dem Kaufhaus, in dem wir die Schokolade ausgesucht haben, konnte man überall probieren und es gab herrlich aussehendes Sonderaktions-Eis... Und wir hingen drin wie ein Schluck Wasser in der Kurve und wollten uns jedes Mal übergeben, wenn uns eine Verkäuferin was Süßes hingehalten hat. Wir wurden jedenfalls alle drei fündig, ohne in die Versuchung zu kommen für uns selbst etwas zu kaufen (wenigstens dieser Plan hat funktioniert), aber das nächste Mal würde ich lieber vorher nichts Süßes essen und dann dort alles probieren und die Sonderaktionen nutzen.
Da unser neues Labormitglied Osaka noch so gut wie gar nicht gesehen hatte, sind wir danach noch in das südliche Zentrum Namba gefahren und haben einen Spaziergang am Fluss entlang durch das Einkaufs- und Ausgehviertel gemacht, um die letzten Kuchenstücke zu verdauen. War trotz Bauchschmerzen auf jeden Fall ein schöner Tag, und ich bin freue mich schon wie ein Schnitzel (Sojaschnitzel natürlich ^-^) darauf, die Schokolade zu überreichen. 

Touristenfoto auf der Ebisu-Brücke, vor der berühmtesten Reklame Osakas


Sonntag, 8. Februar 2015

Ein langer, weiter Rückblick


Ein "Geldpool" im Sumiyoshi-Schrein ;-)

Endlich ist mein stressiger Japanischkurs um und ich habe nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder Zeit, an meinem Blog weiterzuschreiben. Mir ist aufgefallen, dass ich noch gar nicht von Weihnachten und Silvester in Osaka erzählt habe! Deshalb also ein kurzer Rückblick in die mittlerweile schon fernere Vergangenheit...
Obwohl es im Dezember in Osaka & Umgebung überall Festbeleuchtung (siehe Eintrag vom 23. Dezember), künstliche Tannenbäume und pseudo-adventliche Veranstaltungen gab, ist bei mir irgendwie keine echte Weihnachtsstimmung aufgekommen. Sogar meine Mutter und mein Bruder waren da, wodurch ich Weihnachten zumindest im Kreis eines Teils meiner Familie verbringen konnte, aber dieses Weihnachten war einfach... anders. Ich glaube, das Heimkommen ins Elternhaus, die Plätzchen der Omas essen, Christbaum schmücken, gemeinsam Filme wie „Sissi“, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ oder „Doktor Schiwago“ schauen und die ganzen kleinen Traditionen, die jede Familie hat, gehören für mich einfach zu Weihnachten dazu – was ich eben erst bewusst gemerkt habe, als ich es hier nicht hatte. Natürlich war es trotzdem schön. Nachdem ich vom Labor nach Hause kam (Weihnachten ist eben kein Feiertag) haben wir mit meinem leider in Deutschland verbliebenen Vater geskyped, sind Indisch essen gegangen und haben dann mit den anderen „Daheimgebliebenen“ aus meinem Wohnheim die unglaublich leckere Schoko-Weihnachtstorte verdrückt, die ich bestellt hatte (Foto lost irgendwo...). Denn in Japan, das ja mit nur ca. 1% Christen in der Bevölkerung nicht viel religiösen Bezug zu Weihnachten hat, nutzt man den Tag eher als eine Art Valentinstag, an dem Paare gemeinsam romantisch Abendessen gehen, oder man isst daheim in der Familie eine hübsch dekorierte und völlig überteuerte Weihnachtstorte. Keine Ahnung, woher dieser Brauch kommt, es erinnert v.a. an unsere Geburtstagstorte, die es meines Wissens hier eher weniger gibt. Jedenfalls hat es sich nicht wie ein besonderer Abend angefühlt, zumindest nicht, bis ich vor dem Schlafengehen die Karten und Geschenke ausgepackt habe, die mir Freunde und Verwandte geschickt haben – an dieser Stelle nochmal nachträglich vielen Dank an alle, die an mich gedacht haben, ich habe mich wirklich über alles sehr gefreut!
Silvester war sogar noch „komischer“ als Weihnachten. Tagsüber war ich mit meiner Mutter unterwegs und habe es in einem kleinen hübschen Restaurant glücklicherweise geschafft, die traditionellen „Jahresabschluss-Soba“ (Toshikoshi Soba) zu essen – die allerdings v.a. wenn man das Hühnerfleisch weglässt wirklich nichts außergewöhnliches waren. Für den Abend hatten wir eigentlich geplant, zu der viel beworbenen Party im Sky Building nach Umeda (= das nördliche Zentrum Osakas) zu fahren, und waren schon skeptisch, als wir im Wetterbericht gesehen haben, dass für die gesamte Nacht mindestens leicher Regen gemeldet ist. Aber als ich dann von einer Mitbewohnerin gehört habe, dass es in ganz Osaka kein Feuerwerk gibt, war meine jahresendliche Ausgehmotivation vorbei. Kein Feuerwerk! Eigentlich unvorstellbar für Silvester, oder? Ich bin wirklich kein Freund vom selbst Böllern, Rauch und lautem Knall, aber zumindest ein bisschen Feuerwerk aus der Ferne betrachten gehört für mich zu Silvester einfach dazu. Und dann überhaupt kein Feuerwerk in Osaka? Damit hatte ich nicht gerechnet, weil ich wusste, dass es in Tokyo welches gibt. Wir haben aber das besten draus gemacht und mit den üblichen Verdächtigen im Wohnheim unserem neuen Hobby gefröhnt, dem Gemeinschaftspuzzeln, und dabei im Hintergrund die japanische Jahresabschlussshow mit allen Stars und aktuellen Hits dudeln lassen. War auf jeden Fall ein schöner Abend, wenn auch anders als mein „normales“ Silvester, aber man geht ja schließlich für einen Tapetenwechsel ins Ausland, oder? ^-^

Am Neujahrstag waren wir am Nachmittag und frühen Abend in Kyoto, um am Yasaka-Schrein die japanischen Neujahrsbräuche zu sehen und uns ein bisschen am kulinarischen Angebot der Verkaufsstände zu laben :-) Bereist während der Zugfahrt ist etwas eingetreten, mit dem weder wir noch die meisten Japaner gerechnet hatten: Schnee! Und zwar in Massen! In Osaka war alles trocken, und als wir ca. eine Stunde später im nur 50 km entfernten Kyoto ankamen, lag der Schnee schon geschätzt 20-30 cm hoch! Das ist hier in Kansai ziemlich selten, v.a. in Kyoto, und war deshalb ein richtiges Ereignis. Der Schreinbesuch selbst war eher unspektakulär: Die Japaner bringen ihre Glücksbringer vom Vorjahr zum Verbrennen zurück, werfen eine Opfermünze in den Schrein (normalerweise in einen Kasten davor, aber wegen der Menschenmassen waren am Boden des Schreins selbst Netze gespannt, um das von teilweise weit hinten geworfene Geld aufzufangen; Bild vom Sumiyoshi-Taisha), beten kurz, holen sich neue Glücksbringer und Horoskope und gehen dann eine Runde Snacks essen. Ich habe von meiner Mutter in Nara ein englisches Horoskop bekommen, das im Maul eines kleinen Holzrehs befestigt war. Ich habe glücklicherweise ein „Great Good Fortune“ gezogen, und außer schwerer Krankheit soll mich 2015 nur Gutes erwarten...



Am 2. Januar war ich von einer Japanerin aus meinem „Let’s Talk in Japanese“-Kurs nach Hause zum traditionellen Neujahrsessen eingeladen, damit ich die in Restaurants schwer zu findende Neujahrssuppe namens „Souni“ essen konnte. Für mich war das ein echtes Highlight, da ich im Gegensatz zu vielen meiner Kommilitonen hier leider keine Gastfamilie habe und damit wenig Gelegenheiten für solche authentischen Erfahrungen. Die Tochter meiner Gastgeberin war mit Ehemann und Söhnen zu Besuch, wodurch es ein großes Familienessen war, und trotzdem haben sie auf meine vegetarischen Ernährungsprobleme hingebungsvoll Rücksicht genommen. Es war so schön, mal ein „richtiges“ japanisches Wohnhaus von innen zu sehen, und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Das Beweisfoto mit der Familie auf dem Wohnzimmersofa habe ich leider immer noch nicht, werde es aber nachreichen ;-)