Mittwoch, 17. Juni 2015

Magendrama in Wakayama - Tag 1


Nachdem die Shikoku-Wochenendtour im Mietwagen im letzten Semester so viel Spaß gemacht hatte, beschlossen wir, am letzten Maiwochenende so einen Trip nochmal zu machen, allerdings diesmal in Wakayama, einer bergigen, recht ländlichen Präfektur im Süden von Osaka. Da wir am Samstagmorgen schon um 6 Uhr einen Termin zum Whale Watching hatten, fuhren wir diesmal bereits am Freitagabend los. Obwohl Katsuura – die Kleinstadt, in der wir übernachteten – per Luftlinie nur ca. 130 km entfernt ist, brauchten wir mit dem Auto ca. 4 Stunden dorthin, was an der Kombination japanische Geschwindigkeitsbegrenzungen (= wenn man Glück hat 80 km/h) +  fehlende Direktverbindung lag. Unser Hotel hatte wahrscheinlich die größten Zimmer, die ich in Japan je gesehen habe, und so riesige Betten, dass wir alle 5 in ein Doppelbett gepasst hätten! Leider hatten wir davon allerdings nicht so viel, da wir um 5 Uhr schon wieder aufstehen mussten, um rechtzeitig bei den Walen zu sein. Nach einer kurzen Einführung mit Barten und einem Wahlzahn als Anschauungsmaterial wurden wir und ein japanisches Pärchen auf das kleine Boot verladen und es ging hinaus auf’s Meer. Als wir gerade abgelegt hatte, fiel mir ein, dass wir die uns in Aussicht gestellte Medizin gegen Seekrankheit irgendwie doch nicht bekommen hatten – aber ich war ja schon häufiger auf Booten gewesen und hatte keine großen Probleme gehabt...
Da kommt der frischste (Tinten)Fisch auf den Tisch...
Ca. 3 Stunden und 15x übergeben später war ich so froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, wie noch nie in meinem Leben. Außer 2 Fliegenden Fischen hatten wir leider nichts Interessantes gesehen, und als Vegetarierin konnte ich nicht mal beim Anschließenden Grillen mit frisch gefangenem Fisch und Tintenfisch mitessen. Aber mein Magen wäre sowieso nicht in der Lage gewesen, irgendetwas davon zu verarbeiten...
In der Gegend um Wakayama kann man Wale übrigens nicht nur sehen (wenn man Glück hat), sondern auch essen. Obwohl Japan international ja immer beteuert, dass es Wale nur zu wissenschaftlichen Zwecken jagt, geben dessen Einwohner bereitwillig zu, dass die Wale in Wirklichkeit gegessen werden. Allerdings gibt es nur einen sehr kleinen Markt für Walfleisch, weil es geschmacklich wohl nicht so der Hammer sein soll. Meines Wissens ist es auch für die Japaner nur der Reiz des Ungewöhnlichen und Exotischen.


... der aber nicht jede glücklich macht ^-^


Der 133m hohe Nachi-Wasserfall
Nach diesem für mich eher unglücklichen Morgen war für den Rest des Tages ein bisschen Sightseeing geplant, denn in Wakayama stehen die drei berühmten Hauptschreine einer besonders naturbezogenen Shinto-Glaubensrichtung, des Kumano, die durch einen noch berühmteren, ziemlich langen Pilgerweg verbunden sind (der übrigens eine Partnerschaft mit dem Jakobsweg in Spanien hat). Ganz in der Nähe eines der Schreine befindet sich weiterhin der Nachi-Taki, mit 133 m Japans höchster Wasserfall. Am Abend machten wir noch einen Abstecher in ein natürliches Onsen (= heiße Quelle), bei dem direkt neben einem Fluss geothermisch erhitztes Wasser aus einer Kiesfläche sprudelt. Trotz Nähe zum kalten Fluss war es allerdings so heiß, dass wir maximal unsere Zehen für 3 Sekunden hineinhängen konnten. Deshalb wollten wir eigentlich weiter zu einem anderen bekannten Onsen in der Nähe, wurden von einer hilfsbereiten Japanerin aber überzeugt, dass es besser wäre, sich gleich auf den Weg in unsere nächste Unterkunft zu machen, da man wegen der Serpentinen nur sehr langsam vorankomme und sie bei Nacht auch gefährlich seien. Wir fuhren nämlich wieder mal irgendwohin in die Pampa, was uns allerdings erst bewusst wurde, als sie uns erzählte, dass es auf den nächsten 30 km Serpentinenstraße weder einen Supermarkt, Conbini (= wie ein Tankstellenladen) oder ein Restaurant gab – und wir hatten bis auf ein paar Keksen und Bananen weder Abendessen noch Frühstück dabei... Wenigstens hatten wir diesmal rechtzeitig getankt, sodass wir keine Panik haben mussten, nachts mitten im Wald liegenzubleiben.
In der Nähe unseres Hostels hielten wir an einem Onsen, um zu sehen, ob es dort ein Restaurant oder etwas zu Essen zu kaufen gab (was bei Onsen üblich ist), doch es war kurz vor der abendlichen Schließung und es gab nichts mehr für uns - außer einer Wegbeschreibung, wie wir zu einem Conbini finden konnten. Weil es mir wegen der anhaltenden Serpentinen und meines immer noch nicht kurierten Magens ziemlich schlecht ging, wollte ich das letzte Stück fahren, damit die benötigte Konzentration mich beschäftigte. Ich hatte mir nämlich eine japanische Führerscheinübersetzung ausstellen lassen, um als Ersatzfahrerin einspringen zu können, und war sehr froh darüber. Dass ich meine ersten Fahrversuche im Linksverkehr auf einer fast unbefahrenen Serpentinenstraße machen konnte, war mir deutlich lieber als Stadtverkehr, und so fanden wir langsam, aber sicher sowohl zum Conbini als auch zu unserer Unterkunft. Wir hatten zu fünft ein japanisches Zimmer mit Tatami-Matten und Futons, was ein bisschen Klassenfahrt-Atmosphäre aufbrachte. Gut verpflegt und ziemlich erschöpft fielen wir in unsere traditionell japanischen Betten, um uns für den kommenden Morgen ausruhen, an dem schon der nächste spannende Programmpunkt wartete: Log-Rafting (= Floß-Wildwasserfahrt). 

Torii (= Schrein-Eingangstor) mit Ausblick auf die Berge

Dienstag, 2. Juni 2015

Es gibt immer ein erstes Mal



Vorgestern Abend um 19:16 Uhr japanischer Zeit habe ich mein erstes Erdbeben erlebt. Ich war gerade draußen im Garten bei der Grillparty meines Instituts und habe mich mit zwei Philippinos unterhalten, als es passierte. Es war nur 1-2 Sekunden lang, begleitet von einem dunklen Grollen, aber so plötzlich und heftig, dass wir dachten, wir würden umfallen und uns aneinander festhielten. Die Japaner um uns herum schienen allerdings wenig beeindruckt, denn es war „nur“ ein Beben Stärke 3,7, aber das Epizentrum war gerade mal 15 km entfernt. Auf dem anderen Campus, ca. 7 km vom Epizentrum, sollen sogar Sachen aus Regalen und von Tischen gefallen sein. In meinem Wohnheim haben es einige mitbekommen, andere gar nicht, doch es war natürlich Gesprächsthema Nummer eins.
In letzter Zeit gab es etliche stärkere Erdbeben in Japan, wenn auch nicht in meiner Region, aber in den japanischen Medien wird wegen der momentan anscheinend hohen seismischen Aktivität ein mögliches starkes Beben befürchtet. Mir hat das kleine jedenfalls als Erfahrung gereicht und ich bin nicht gerade scharf darauf, ein richtig krasses mitzuerleben... Abwarten und Tee trinken.